Günter Krings„Gedankenbilder“
Inszenierte Fotografie von Günter Krings

Der erste Preis im Wettbewerb der österreichischen Berufsfotografie 1995 – Günter Krings, Fotokünstler aus Wuppertal, fiel aus allen Wolken. Denn damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte sich an dem Preisausschreiben ,,Die vier Elemente“ beteiligt und tatsächlich gewonnen. Er hatte beispielsweise das Element Luft als Schubladenelement mit den Aufschriften gefährlicher Umwelgifte versehen und dargestellt. Und das Element Erde inszenierte er als leeren Abendmahlstisch, mit Ziffern anstelle der zwölf Jünger und einer Uhr in der Mitte: die Erde ist gefährdet.
Die Erinnerung an die Vergänglichkeit, das Memento Mori, das ist Günter Krings ureigenstes Thema und sein eigentliches Element. Manchmal wirft er einen prophetischen Blick in die Zukunft, so in seiner Fotoinszenierung ,,Video Portatile“, das einen tragbaren Altar darstellt, der zugleich den Priester ersetzt. Die Liturgie kommt elektronisch zur Gemeinde. Aber wahrscheinlich, so spekuliert Krings, werde ,,Video Portatile“, das eine Madonna mit Kind im Zentrum zeigt, auf dem Müll landen; denn HiFi-Technik und bloße Bilder könne die lebendige Predigt nicht ersetzen.
Günter Krings steht der ,,Amtskirche“ nach eigenen Aussagen kritisch, ja kontrovers gegenüber. Dennoch kehrt er immer wieder zu religiösen Themen zurück. Darin verwebt er Zeitfragen wie das Leid von Juden und Palästinensern, den Krieg in Bosnien und vieles mehr. Eines seiner schönsten ,,Gedankenbilder“ heißt ,,Menora“. Der siebenarmige Leuchter Israels wird zur Hälfte von einem Knochen verdeckt, auf dem eine Bibel ruht, umgeben von scharfer Munition.
Auch Menschen zeigt Krings. Die Orientierungslosen, die in die Fangnetze aller möglichen Sekten und Gurus fliehen, faßt er als Gruppe. ,,Headlessness“ heißt ein ihnen gewidmetes ,,Gedankenbild“, das sie zugeschnürt und abgeschnitten von wahrer Führung durch das Leben zeigt. Günter Krings’ inszenierte Fotografie entsteht in einem langen Schaffensprozeß. Er sucht auf Schutthalden Überreste der Zivilisation, hält auf Reisen seine Augen auf und trägt so zusammen, was er für seine Bilder braucht. Relikte dieser Art werden vor einem eigens dafür gemalten und bearbeiteten Hintergrund installiert und schließlich wie auf einer Bühne inszeniert. Das Foto fasst den eigentlichen Augenblick, in dem Licht und Schatten für die besondere Stimmung sorgen.

Thomas Illmaier

Bild: „Menora“ von Günter Krings.

DER WEG, 34/1995, S. 6.

 

 

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