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Svetlana Zunder: Chamäleon, 2006

Svetlana Zunder:

Die Edmundsthal-Aquarelle

Edmundsthal-Siemerswalde ist eine Wald-Idylle auf dem Hohen Elbufer in der Atomstadt Geesthacht, eines der letzten ruhigen, verschwiegenen Paradiese inmitten einer menschenfeindlichen Umwelt: Greenpeace demonstriert regelmäßig vor dem größten Siedewasser-Reaktor der Welt, dem Vattenfall Kernkraftwerk Krümmel (KKK), das weithin sichtbar den Charakter der Atomstadt prägt, in unmittelbarer Nachbarschaft zum GKSS-Forschungszentrum, das mit seinem Forschungsreaktor den riesigen Atomkomplex an der Elbe bei Hamburg abrundet. Keiner weiß bisher mit Sicherheit, woher die weltweit höchste Rate von Leukämie(Blutkrebs)-Fällen bei Kindern kommt, die seit dem Bau der Geesthachter Atomanlagen an Blutkrebs erkrankt sind: 17 an der Zahl; 17 Kinder, die im Radius von fünf Kilometern rund um die Geesthachter Atomanlagen an der heimtückischen und in drei Fällen tödlich verlaufenden Blutkrankheit erkrankt sind.

   Edmundsthal-Siemerswalde, diese Oase auf dem Hohen Elbufer zu Geesthacht, macht die Allgegenwart des Atoms fast vergessen, zu schön ist der Ausblick auf die Elbmarsch, weit hinein bis nach Niedersachsen; bei schönem Wetter kann man von Geesthacht aus die Türme Lüneburgs sehen.

   Edmundsthal-Siemerswalde hat seine eigene Geschichte als von Edmund Siemers im 19. Jh. gegründete Lungenheilanstalt, die es schon lange nicht mehr gibt. Vom ehemaligen Hamburgischen Krankenhaus Edmundsthal-Siemerswalde – Geesthacht gehörte bis 1937 zu Hamburg – stehen allerdings noch die wuchtigen Bauten, das Thekla-Haus vor allem, die an jene ferne Gründerzeit noch erinnern. Heute sind in Edmundsthal-Siemerswalde moderne Krankenhaus-Dienstleister am Werk, die mit viel Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sich auf die Behandlung unfalltraumatisierter Patienten, Altersheilkunde und die Betreuung und Pflege von Senioren konzentrieren.

   Edmunsthal-Siemerswalde mit seinen historischen Gebäuden und der Ruhe, die sie umgab, bot Künstlern wie dem Dichter und Maler Gerhard Pautz seit jeher das Motiv. Die Malerin Svetlana Zunder bezog im leerstehenden Thekla-Haus sogar ihr Atelier, wo in den Jahren 2005 bis 2006 jene als Edmunsthal-Aquarelle bekannt gewordenen Bilder entstanden.

   Edmundsthal-Siemerswalde hätte eine Künstlerschmiede werden können, wenn nicht durch kurzsichtige Nutzungspläne der Krankenhausleitung der Vitanas-Klinik, die heute neben der Helios-Klinik die alten, historischen Gebäude aus der Gründerzeit bewirtschaftet und als Krankenhäuser, Senioren Centrum und als Kindergarten nutzt, die Vergabe von Künstler-Ateliers im leerstehenden Thekla-Haus ein jähes Ende genommen hätte. So verlor Svetlana Zunder ihr Atelier, andere Künstler wie der inzwischen international renommierte Maler und Objektkünstlers Nam Tchun-Mo aus Korea konnten nach dem jähen Ende der buchstäblich malerischen Idylle erst gar nicht antreten. Versprechen wurden gebrochen, Künstlerpläne zunichte gemacht, und die Stadt Geesthacht war um einen hoffnungsfrohen Aufbruch junger Künstler ärmer. Svetlana Zunders Aquarelle hingegen bleiben bestehen; denn sie künden noch von jener Ruhe in Edmundsthal-Siemerswalde, jener Muße, die es der Künstlerin erlaubte „Wolken zu schieben“; es enstanden wunderschöne Landschaften, Seelenlandschaften, die sich in künstlerisch geformten Naturbildern widerspiegeln, gegenstandslos bisweilen bis hin zur Magie. Der freie Horizont, die Weite des Himmels, der fast vergessene Zauber einer sorgenfreien Zukunft, all das spiegeln die Edmunsthal-Aquarelle wider.

   Gegenstandslose Malerei, weg von den bekannten Formen und Farben, die unser Bewusstsein einengen, das sich nach Transzendenz und Religiösität sehnt, nach Rückbesinnung auf die wahren Werte der Menschheit, bei Svetlana Zunder ist das nicht das Nichts. Das zeigt ihre Aquarell-Serie „Goldregen", der sich ins dankbar saugende Papier träufelt, Inspiration ohnegleichen, nur so möchte man den Tag beginnen oder auch den Tag beschließen, ganz wie es Euch gefällt.                                                                                       Thomas Illmaier

                     

"DER GEIST VON EDMUNDSTHAL"

Baumritzungen

Edmundsthal-Siemerswalde

1900-1945

Fotos: Svetlana Zunder

Texte: Thomas Illmaier, Gerhard Pautz

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