M
Y E I N
Die Häuser des Schlafes
Eine Konzeptausstellung von
SVETLANA ZUNDER
Hotel zum Halbmond
D-21481 Lauenburg/Elbe
Halbmond 30/Hohes Elbufer
Ostern bis Pfingsten 2006
Neue Hymnen an die Nacht
Myein, was im Griechischen so viel wie „die Augen schließen“
heißt und die Wortwurzel für so viele Worte wie Mystik, mystisch,
mythisch oder mysteriös ist, führt uns direkt in Svetlana Zunders
Konzeptausstellung „Die Häuser des Schlafes“, derzeit zu
sehen im Hotel Zum Halbmond, dem Südbalkon von Schleswig-Holstein, in
Lauenburg/Elbe.
Tatsächlich
wirbt einer der großen Energie-Anbieter, nämlich EON, gerade mit
diesem Aspekt unserer Sicherheit zur Nachtstunde, wenn alles schläft:
„Wärme-Austausch“ – gilt nicht nur im Privaten, wenn
man sonntags einmal etwas länger schlafen will, sondern auch für
die globale Welt, in der EON 40 Millionen Haushalte mit Gas und Strom beliefert.
Für uns selbstverständlich, dass wir ruhig schlafen und mit schlafwandlerischer
Sicherheit „Die Häuser des Schlafes“ betreten und uns in
Ihnen umschauen wollen.
Häuser haben
ein Gesicht. Vom Giebel bis zum Fundament sind sie menschlichen Bedürfnissen
und Gewohnheiten angepasst und dem menschlichen Vorstellungsvermögen
entsprungen; denn nicht umsonst haben Häuser „Augen“ –
Fenster, durch die man hinein-, aber besonders auch hinausschauen kann.
Darum gilt für
die Ausstellung selbst und für den Betrachter, dass er sich die „Häuser
des Schlafes“ von außen anschaut, aber die Häuser schauen
auch von innen heraus, lachen, weinen; sie laden uns geradezu ein, in ihnen
zu wachen, während wir doch in Wahrheit ruhig und vollkommen sicher wie
in Abrahams Schoß schlafen. Nachts aber geht der Geist auf Reisen.
Im Zentrum der Ausstellung
platziert Svetlana Zunder die doppelte Phantasie-Landschaft der urbanen Zivilisation:
graue Häuser und von Licht beschienene Häuser, die gleichsam aus
einem inneren Licht her träumend wie eine mittelalterliche Stadt zur
Mittagszeit auf den Betrachter wirken. In dieser Traumstadt tun sich „Die
Häuser des Schlafes“ auf, einer Stadt, die durch ihre gedrungenen
Formen, die organisch aus der Tiefe quillen und sich in die Unendlichkeit
des Raumes fortzeugen, Ruhe und Sicherheit verströmt.
Spiegelbildlich und
spiegelsymmetrisch zur „Stadt des Traumes“ gruppiert die Künstlerin
die „Augen der Häuser“, durch die wir allabendlich und nachts
regelmäßig „Die Häuser des Schlafes“ betreten,
hypnagogischen Phantasien gleich, die uns in die Welt des Traumes führen
und geleiten. Ein letzter Abriss der Welt des Tages, der schon in die Welt
des Traumes führt: „Die Häuser des Schlafes“ beginnen
zu sehen, während wir selbst – ohne es zu merken oder gar in Frage
zu stellen – selbst die Augen, selbst der Blick, ja selbst diese „Häuser
des Schlafes“ sind, in die wir des nachts verschwinden, aus denen wir
aber auch immer wieder – jedenfalls so lange wir denken können
– heraustreten und – aufwachen.
Wie eine Ringparabel
schließt Svetlana Zunder die spiegelsymmetrische Anordnung der Traum-Stadt
und ihrer Traum-Häuser durch Anblicke intimster Natur, Einblicke in die
Natur selbst, wieder zusammen. Für die große Offenbarung hielt
Aldous Huxley, der Dichter der „Schönen neuen Welt“, den
Anblick, Einblick ins Innere, die Blüte, den Kelch einer Blume: Da sei
das ganze Universum drin offenbar. Und kann man sich für die Gesundheit
und den „Schlaf des Gerechten“ etwas Schöneres vorstellen,
das uns in Ruhe und Sicherheit wiegt, als die feine, ewige Geometrie einer
sich entfaltenden Blüte? Manche Blüten allerdings blühen selbst
zur Nachtzeit, wenn das grobe Auge der Welt die Lider schließt, wenn
die Dichtung der Welt die Träume webt und der Dichter bei sich selbst
einkehrt, zu dem wir jede Nacht auf geniale Weise werden und – wie mysteriös
– uns selbst das große Buch des Traumes schreiben.
Thomas Illmaier
www.philosophia-online.com