Fundstücke
der Erinnerung
Mit der Vergangenheit versöhnt
Von Thomas Illmaier
Eine ungewöhnliche Bilderschau hat das Kleine Theater
in Geesthacht/Elbe eröffnet: Flammende Mohnblumen als seriale Fotografie
umranken Fundstücke der Erinnerung aus alten und fast schon vergessenen
Kriegstagen: Ein Kellerfenster mit dem Aufdruck „Luftschutz –
Mannesmann“; ein Horch- und Aussichtsturm im grünen Tarnanstrich
auf luftiger Höhe; Betonkolosse, die Fundamente des ehemaligen Flak-Bergs,
als habe ein Riese gerade mit ihnen Murmeln im Walde gespielt. Originalschauplätze,
die Svetlana Zunder mit einem untrüglichen Sinn für das Sinnbildliche
zu symbolischen Orten der Erinnerung stilisierte und sie so dem Vergessen
entlockte.
Die Schau wäre
indessen nicht, was sie ist, wenn der religiöse Akzent fehlte. Wäre
der Titel Pontifex, Brückenbauer, nicht schon vergeben, Gerhard Pautz
hätte ihn verdient. Während der Mohn die Stätten der Erinnerung
umrankt, erinnert sich der Dichter an das, was Menschen litten, bevor sie
es vergessen; nicht umsonst war der Mohn der Aphrodite heilig. Gerhard Pautz
schuf eigens für Svetlana Zunders Bilderschau das Gedicht »Miserere«,
das die Schönheit des Mohnes mit den Artefakten des Krieges und jene
schrecklichen Erinnerungen daran versöhnt.
Svetlana Zunder „MOHN.
Luftschutz – Mannesmann. Eine Foto-Installation gegen das Vergessen“
im Kleinen Theater, Schillerstr. 33 in Geesthacht bis 30. Sept. 2005, täglich
17 – 23 Uhr. Infos und Führungen unter 04152-84 38 67.
Thomas Illmaier
Mohnblumen und ein Miserere
Bilderschau „Mohn“ im Kleinen Theater eröffnet
Eine ungewöhnliche Bilderschau hat das Kleine Theater
in Geesthacht/Elbe eröffnet: Flammende Mohnblumen als seriale Fotografie
umranken Fundstücke der Erinnerung aus alten und fast schon vergessenen
Kriegstagen: Ein Kellerfenster mit dem Aufdruck „Luftschutz –
Mannesmann“; ein Horch- und Aussichtsturm im grünen Tarnanstrich
auf luftiger Höhe; Betonkolosse, die Fundamente des ehemaligen Flak-Bergs,
als habe ein Riese gerade mit ihnen Murmeln im Walde gespielt. Originalschauplätze,
die Svetlana Zunder mit einem untrüglichen Sinn für das Sinnbildliche
zu symbolischen Orten der Erinnerung stilisierte und sie so dem Vergessen
entlockte.
Die Schau wäre
indessen nicht, was sie ist, wenn der religiöse Akzent fehlte. Wäre
der Titel Pontifex, Brückenbauer, nicht schon vergeben, Gerhard Pautz
hätte ihn verdient. Während der Mohn die Stätten der Erinnerung
umrankt, erinnert sich der Dichter an das, was Menschen litten, bevor sie
es vergessen; nicht umsonst war der Mohn der Aphrodite heilig. Gerhard Pautz
schuf eigens für Svetlana Zunders Bilderschau das Gedicht »Miserere«,
das die Schönheit des Mohnes mit den Artefakten des Krieges und jene
schrecklichen Erinnerungen daran versöhnt: Erst dann wird ein großes
Kunstwerk daraus.
Svetlana Zunder „MOHN. Luftschutz – Mannesmann. Eine Foto-Installation
gegen das Vergessen“ im Kleinen Theater, Schillerstr. 33 in Geesthacht
bis 30. Sept. 2005, täglich 17 – 23 Uhr. Infos und Führungen
unter 04152-84 38 67.
Originalfassung: Text und Fotos von Thomas Illmaier
Kasten mit dem »Miserere« von Gerhard Pautz
Miserere
Mohn - roter Flammenton am Wegesrain
vor wogenden Getreiden
Nachdem die auf- und niederheulenden Sirenen
endlich schweigen
tanzende Stäube sich legen
über kalte Asche
gestopft das Maul, das schrie:
"Deutschland erwache!"
kroch aus der Trümmerflur
ein Haufen Elend nur
versank, was einst zur Wirklichkeit mutierte
zum bösen Traum: zur Nacht voll Todesangst
in einem Luftschutz-Kellerraum
Ein neues Feuerlied mit klatschmohnroten Zungen
Erbarm Dich Mensch – sei uns fortan
aus einem weicheren schöneren Mund gesungen
Gerhard Pautz