WUPPERTALER
VON DER HEYDT-MUSEUM
ZEIGT „WIEN 1900“
Schätze der einstigen Monarchie
Bis in den Oktober hinein zeigt das Von der Heydt-Museum
Schätze aus der untergegangenen Donaumonarchie. Der Titel: ,,Wien 1900“.
Der Vielvölkerstaat Osterreich-Ungarn, der an seinen inneren ,,völkischen“
Widersprüchen zerbrach und den Ersten Weltkrieg nicht überlebte,
zeigte um 1900 noch einmal alle Pracht: Kunst, Musik, Architektur erlebten
eine Blüte, wie sie in Osterreich nie wiederkehren sollte.
Zum Hofmaler des
Kaisers avancierte der Münchner Maler Hans Makart. Er brachte es fertig,
mit seinem ausladenden, pompösen, aber doch malerischem Geschmack nicht
nur Kaiserin und Kaiser, sondern ganz Wien zu bezaubern. Sein Atelier wurde
schon zu seinen Lebzeiten Museum, in das jeder täglich zur festgesetzten
Stunde Einlaß fand. Makart entwarf sogar die Dekoration für das
Schlafzimmer der Kaiserin Elisabeth. Die Abkehr vom Pomp und wohl auch vom
Mief der Vergangenheit, seiner Verschwendung und in politischen Dingen so
machtlosen Hofstaates erfolgte durch Gustav Klimt und seine Kollegen, die
zwar von der zahlungskräftigen Wiener Gesellschaft profitierten, aber
ansonsten eigene Wege gingen. Klimt begaun zunächst verhalten impressionistisch,
bevor er den Eros eines modernisierten ägyptischen Stils mit den Blumen
eines erdachten germanischen Frühlings paarte.
Nach ihm, dem großen
Klimt, der vielleicht den letzten Höhepunkt des aristokratischen Europas
in malerische Farben und standfeste Formen goß, kamen die eigentlichen
Secessionisten: Egon Schiele und vor allem Oskar Kokoschka. Als Brücke
zu ihnen, die den Expressionismus einleiteten und sich nicht scheuten, den
Gang hinaus aus dem Paradies mit seinen Wunden, Schründen, leidvollem
Stilisieren als Chronisten der Zeit zu dokumentieren, als Brücke zwischen
Klimt und Schiele tauchten Malerpersönlichkeiten wie Richard Gerstl und
Koloman Moser auf. Sie portraitierten sich vielfach selbst, wobei stets ein
Nimbus Haupt und Gesten der Kunstler umstrahlt, ihre Augen scheinen nach innen
gerichtet und ergriffen, ja ekstatisch das innere Licht der Gottheit zu schauen.
Krieg und Zusammenbruch erzwangen den Blick auf die aus den Fugen geratenen
Welt, mit der die Malerei bis auf den heutigen Tag ringt.
Thomas Illmaier
Von der Heydt -Museum: Wien 1900. Der Blick nach innen. Ausstellung bis 5. Oktober, geöffnet Di-Sa 10 bis 17 Uhr, Do 10 bis 21 Uhr. Katalog 39 Mark.
DER WEG, 38/1997, S. 22. Bild: „Portrait Johanna Staude“ von
Gustav Klimt.