Kulturlandschaft
Südwestfalen
Kulturregion im Hause Europa
Südwestfalen, das sich um die Achse Hagen, Lüdenscheid, Olpe und
Siegen gruppiert, soll in seiner kulturellen Identität neu bewertet werden.
Die erste Erfassung der Gesamtregion brachte »Perlen« an Orten
und Exponaten hervor, von denen man bislang nur träumte. Sie im Zusammenhang
darzustellen und dabei auch die Zusammenarbeit mit Touristenverbänden
und Stadtmarketing zu suchen, ist das Ziel, das die Initiatoren, das Carl
Ernst Osthaus-Museums Hagen und die Universität Witten-Herdecke, anvisieren;
denn man möchte selbstverständlich auch »im Hause Europa«
eine öffentlichkeitswirksame Rolle spielen.
Hintergrund, die
Museumslandschaft in Südwestfalen als Kulturlandschaft neu zu bewerten,
ist ein Fundus an kulturhistorisch bedeutsamen Denkmälern, die jedoch
bisher isoliert voneinander bestanden und über einen Kreis von »Eingeweihten«
hinaus unbekannt geblieben sind. Zur Neubewertung eines Kulturstandortes,
-raumes oder einer -region wird die sie umgebende Natur, wiederum eingebettet
in kulturhistorisch bedeutsame Zeugnisse, ausdrücklich miteinbezogen.
Ein interessantes
Beispiel einer so neu definierten Kultur-Landschaft ist die Ruine Ginsburg
sowie die sie umschließende nahe Umgebung. Die Ginsburg ist der Überrest
einer alten Höhenburg, die zur Kontrolle der Eisen- und Kohlenstraße
im 11. Jahrhundert angelegt wurde. Historisch ist die Ginsburg interessant,
weil hier Wilhelm von Oranien um 1570 die letzten Vorbereitungen zur Befreiung
der Niederlande von den Spaniern getroffen hatte. Von der Ruine Ginsburg aus,
die jährlich von etwa 20.000 Menschen besucht wird, läßt sich
der umgebende Wald überblicken, die Breitenbachtalsperre, die größte
ihrer Art im Siegerland, und vieles andere mehr. In unmittelbarer Nähe
liegt die Stadt Hilchenbach mit ihrem Ortsteil Grund, wo Heinrich Jung-Stilling
(1740-1817) geboren wurde, der mit Goethe in Verbindung stand, berühmt
wurde durch seine augenärztlichen Staroperationen und später gar
als Professor für Ökonomie zu Ansehen kam. Im umliegenden Gebiet
sind miterfaßt: Die Bergbausiedlung Altenberg, der Stahlberger Erbstollen,
das Stift Keppel, die Eisenstraße mit Quellgebiet der Flüsse Sieg,
Eder und Lahn sowie die Ginsberger Heide, Ort des Festivals „Kultur-Pur“
und des größten Freiluftsportfestes Deutschlands.
Ein weiteres hochinteressantes
Gebiet, das sich kulturhistorisch neu bewerten läßt, ist das Erzabbaugebiet
Pfannenberg, lokalisiert in einem ausgedehnten Waldgebiet auf der Gemeindegrenze
zwischen Siegen-Eiserfeld und Neunkirchen Salchendorf. Ralf Haldimann, der
im Auftrag des Osthaus-Museums dieses Gebiet bereiste und für den geplanten
umfangreichen Kulturführer kartographierte, weist auf die 2.500 Jahre
Bergbautradition dieses Lokals hin, das bereits die Kelten für den Erztagebau,
das sogenannte Moltern, nutzten.
Das Projekt »Museumsentwicklung«
in Südwestfalen“ wird vom Land NRW unterstützt. Auf dem Wege,
Südwestfalen als Kulturlandschaft neu zu bewerten, wurde das vom OsthausMuseum
initiierte Modell »Site«, ins Leben gerufen, das die Landschaft
Südwestfalens durch eine Reihe von etwa zehn herausragenden Punkten ästhetisch
neu bewertet und zugleich, im Vergleich ihrer Museen und Sehenswürdigkeiten,
in situ, vor Ort, erfahrbar macht. So kommen auch endlich fast vergessene
Höhepunkte der Region wie das Stollenmundloch am Altenberg bei Hilchenbach
(2.000 Jahre Bergbaugeschichte) zur Geltung, Highlights, die im übrigen
mit bestehenden Kulturinitiativen verbunden und damit zu neuer touristischer
Attraktion erhoben werden sollen.
Im neuen Europa gilt
es, sich zu profilieren. Dazu sind alle Bedingungen einer repräsentativen
Kulturgeschichte Südwestfalens gegeben – ihre aktuelle Repräsentation
wird durch den geplanten Kulturführer (1998), die Präsentation des
Projektes im Internet (1999) und nicht zuletzt durch den neu eingerichteten
Studiengang Museologie an der Universität Witten-Herdecke bis zum Jahr
2000 angestrebt.
Thomas Illmaier
Fotos
1) Reinhold Forster Erbstollen. Siegen-Eisern.
2) Stollenmundloch. Förderwagen von 1955.
3) Halde. Altenberg
Westfalenspiegel, 1/1998, S. 27