Tänzerische
Bewegungen führen den Pinsel
Nanny de Ruig: Von der Hölderlin-Sängerin zur Malerin
Von unserem Mitarbeiter Thomas Illmaier
Nanny de Ruig zeigt Malerei im Atelier- und Galerie-Kollektiv. Als Malerin bewegt sie sich im Mainstream der Gegenwartskunst. Das Atelier- und Galerie-Kollektiv, das auf der Suche nach neuen Räumen ist, ist mit dieser Ausstellung ,,Malerei“ von Nanny de Ruig dem Anspruch, ausgefallen Avantgardistisches zu zeigen, treugeblieben.
Nanny de Ruig erlangte als Sängerin der psychedelischen
Rockgruppe Hölderlin, die neben Amon Düül und Kraan zu den
bekanntesten deutschen Rockgruppen gehörte, schon einige Berühmtheit.
Mutterschaft und Streßleiden setzten dieser Karriere jedoch bald ein
Ende. Nanny de Ruig studierte Kunst an der Königlichen Akademie von den
Haag und an der Werkkunstschule Wuppertal. Sie betrieb Kunst, Tanz und Musik
als Allround-Präsentation und ist als Malerin vor allem seit den 80er
Jahren tätig.
Der Einbeziehung
gestischer, tänzerischer Mittel in die Malerei gibt Nanny de Ruig in
ihren Bildern Ausdruck. Der malerische Gestus ist stets von der ganzen Bewegung
des Körpers bestimmt. Ihre Malereien erhalten dadurch eine bestimmte
Bandbreite, wie sie der tänzerische Mensch erschließt, der den
Raum erobert, in dem er sich kunstvoll bewegt. Die Malerin Nanny de Ruig bewegt
sich auf der Schwelle zur gegenstandslosen Malerei. Sie arbeitet konzeptfrei.
Das Thema liegt nicht fix und fertig vor, wenn die Malerin beginnt, die ihren
Bildern auch nach der Vollendung keinen Namen gibt.
Farblich ist das
ganze Spektrum vertreten, ohne Ausschluß des Schwarz, was den Bildern
mitunter wuchtige Kraft verleiht.
Da Nanny de Ruig
als Zeichnerin begann, sind auch graphische Elemente, manchmal sogar Schrift
vertreten, aber nicht vorherrschend.
Die benutzten Binderfarben
auf Nessel oder Pappe erreichen jedoch nicht das lebendige Leuchten wie traditionelle
Ölfarben. Es scheint trotz aller Freiheit der Geste, die auch den Betrachter
befreit, zu fehlen (Berliner Straße 39 A, Hinterhaus, bis 16. April,
montags bis freitags 17.30 bis 19 Uhr).
Bild: Nanny de Ruig bezieht tänzerische Mittel in ihre Malerei mit ein.
Westdeutsche Zeitung / Generalanzeiger, 7. April 1992, S. 15.