BELEHRUNG
UND MISSION
Zur Kunst von Arnold Povilionis
von Thomas Illmaier
Arnold Povilionis, in Kaunas/Litauen 1954 geboren, kam als
sechsjähriger Knabe nach Deutschland, wohin seine Eltern, zunächst
nach Hamburg, dann nach Geesthacht, übersiedelten. Seit er denken kann,
malt er. Arnold Povilionis ist Autodidakt. Er hat sich niemals herrschenden
Kunstrichtungen angepaßt, wenngleich er natürlich das Erbe der
Kunst des 20. Jahrhunderts angetreten hat, worauf jeder zeitgenössische
Künstler aufbauen kann.
Im Werk des Geesthachters
Arnold Povilionis finden sich vor allem großformatige Sinnbilder, die
aus dem Gegensatz heraus leben und die ewige Frage des Menschen thematisieren:
Was bin ich in der kosmischen Weite des Alls? Was ist die Beziehung zwischen
dem Teil und dem Ganzen? Einige seltene Stücke sind religiöser Natur.
So die beiden Bilder „Ohne Titel“ aus dem Jahr 1997, die wir den
zwei großen biblischen Themen Belehrung und Mission zuordnen wollen.
Im ersten Bild sehen wir eine ältere Männerfigur auf dem erhöhten
Sitz thronen, majestätisch und andächtig. Vor ihm in demütiger
Erniedrigung ein Knabe, der seine Hände ausstreckt, um dem Älteren
zu geben. Beide Figuren verharren in Schweigen. Fügung und Stimmigkeit
des Bildes lassen den Gedanken an die schweigende Belehrung aufkommen: „Seid
stille, und erkennet, daß ich Gott bin.“ (Psalm 46, 11) Im zweiten
Bild sehen wir drei Gestalten in langen Mänteln stehen, die an Kutten
erinnern. Die Gesichter sind leer und nur schemenhaft zu erkennen. Bodenständigkeit
und Schwerkraft werden durch die fast groben Füße gekennzeichnet,
die organisch aus den Kutten hervorzuwachsen scheinen. Durch die massiven,
mit Hilfe eines Spachtels aufgetragenen Farbflächen wirken die Gestalten
kraftvoll vor einem sonst diffusen Hintergrund. Die Räumlichkeit, in
die die drei Figuren gestellt sind, wird durch die farblich ausgesparten Zwischenräume
und ein Fensterbild im Hintergrund, das Anklänge an hoch aufragende Türme
zeigt, hervorgerufen. Die Figuren kommunizieren, als erhielten sie einen Auftrag
und verständigten sich darüber. Die Kutten identifizieren die Figuren
als Kirchenmänner. Verrohung und Verweltlichung der Kirche ist stets
mit der Rückbesinnung auf Einsamkeit, Einkehr und Mönchstum beantwortet
worden. Aus der inneren Einkehr wächst schließlich die Gegenbewegung,
die Mission, die Gottes Wort nach außen trägt, das sie in der Einsamkeit,
dem Zwiegespräch mit Gott (wie im ersten Bild), demütig empfangen
hat.
Zwischen beiden Bildern
von Arnold Povilionis herrscht also Kontinuität. Gott offenbart sich
in der Geschichte. Der Mensch, der Gottes Wort empfängt und Träger
des Wortes wird, trägt es in die Welt.
Bewusst Leben, Sommer 1999, S. 58.
Bilder
1) Arnold Povilionis: Ohne Titel. 1997, Öl auf Leinwand, 130 x 150 cm.
2) Arnold Povilionis: Ohne Titel. 1997, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm.