Der
Philosoph im All
Unter diesem Titel ist das Erstlingswerk des Wuppertaler Philosophen Thomas Illmaier im Verlag Die Blaue Eule, Essen erschienen. Der Untertitel lautet: Texte zur Kulturkritik. Um das Werk handhaben zu können, wird ein gewisser Sinn für reine Formen vorausgesetzt, z. B. mit Blick auf Pyramiden, moderne Hochhauskultur, Architektur überhaupt. Der Autor zeigt anhand verschiedener Studien, wie und daß der Mensch unserer Zivilisation eine Tendenz ausgebildet hat, sein gesamtes bewußtes und unbewußtes Erleben auf das Raster geometrischer Formen zu spannen. Diese Tendenz ist die Hauptursache für das Zusammenbrechen lebendiger Natur – ohne Blick auf die geometrisierenden Strukturen hätten bestimmte Entdeckungen in Physik und Chemie gar nicht gemacht werden können – was auf das Konto des zivilisierten Menschen geht; schließlich auch das Zusammenbrechen unserer nach geometrischen Vorbildern geschaffenen eigenen Kultur. Die Tendenz, das Leben den Gesetzen der geometrischen Form zu unterwerfen, meldet sich zuerst in der abendländischen Philosophie ausführlich bei Platon, erreicht im Mittelalter der Bauhütten und des Kathedralenbaus in der Vorstellung „Gott als Geometer“ einen Höhepunkt und wirkt seit dem Beginn der Neuzeit und dem Aufkommen des geometrisch-technischen Zeitalters zerstörerisch auf Mensch und Umwelt ein. Die Kritik des Verfassers richtet sich auf die geometrischen Urbilder, nach denen wir das menschliche Leben organisiert haben wie die Bienen ihren Staat, und möchte Bewußtsein darüber aufklären, wie die Verfallenheit an geometrische Vorbilder in unserem Kultur- und natürlichen Zusammenhang aufzulösen ist. Die Spitze seiner Kritik wendet der Philosoph gegen die Macht der Gewohnheit, sich in reinen Formen, geometrischen Leitbildern einzurichten. Dabei geht er auch nicht an einer Religionskritik unseres abendländisch christlich geprägten Geistes vorbei, dessen Verantwortung im bildlosen Kontrast des Buddhismus besonders deutlich wird.
Thomas Illmaier
Thomas Illmaier: Der Philosoph im All. Texte zur Kulturkritik. Essen: Die Blaue Eule, 1987. 177 Seiten, illustriert, ISBN 3-89206-191-2.
Esoterik und Wissenschaft, Sept.-Dez. 1991, S. 40.