Thomas Illmaier - Dem Religiösen in der Kunst auf der SpurSonnborner Gemeindeglieder im Heydt-Museum

Dem Religiösen in der Kunst auf der Spur

Wuppertal. Über das Religiöse in der Kunst erzählte Thomas Illmaier bei einer Führung im Von der Heydt-Museum. Rund 20 Besucher der Gemeinde Sonnborn mit ihrem Pfarrer Dietrich Bredt-Dehnen lauschten gespannt den Erklärungen des jungen Philosophen. Zur Meditation lud er sie vor Emil Noldes Gemälde ,,Die Brücke“ ein. Die Farben spiegeln sich sanft im Wasser. Dieses Werk gehört dem Museum erst seit ein paar Wochen und wird zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gezeigt.
Ruhe und Frieden strahlt der ,,Mädchenakt mit Blumen“ von Paula Modersohn-Becker (1876-1907) aus. Die Blumen, das sind Heilpflanzen, die an den helfenden Samariter erinnern. Thomas Illmaier rückte dieses Ölgemälde in die Nähe der Andachtsbilder in den katholischen Kirchen.
Einem Kirchenfenster nachempfunden hat der Künstler Alexej von Jawlensky (1864-1941) sein ,,Mädchen mit Pfingstrosen“ von 1909. Das Gesicht und die Kleidung sind schwarz eingefaßt, etwa wie die einzelnen Gläser des Fensters. Jawlensky beweist auch mit diesem Bild seinen Mut, gegen die Tradition zu malen. Er setzt glühende Farben gegen einen kühlen Hintergrund, so daß sie so strahlen, als wenn von hinten Licht hindurchscheint. Er hat seinem Modell etwas vom Nimbus einer Heiligen verliehen: ihr Kopf ist verschämt geneigt, auf die Augenlieder hat der Maler noch einen gelben Farbklecks gesetzt. So hat der Betrachter den Eindruck, als schaue das Mädchen durch die geschlossenen Augen hindurch.
Einen durchaus religiösen Hintergrund hat auch Otto Müllers Selbstbildnis mit Pentagramm von 1920. Zeigt bei dem fünfstrahligen Stern nur ein Strahl nach oben, so ist die Verbindung mit Gott gegeben, zeigen zwei Strahlen, wie bei Müller nach oben, dann ist er dem Teufel geweiht.
Nicht so sehr mit Jesus in Verbindung bringen will Arnulf Rainer die Betrachter seiner Kreuzübermalung, die im zweiten Stock des Museums hängt.
Es ist vielmehr die Absicht des Künstlers, daß sie ihren eigenen Weg finden: ,,Durcheinander“, ,,höhlenartig“, das sind denn auch die Kommentare der Besucher. Einen Bezug zur sakralen Baukunst stellt Illmaier im achteckigen Raum her. Achteckig war auch in vielen römischen Tempeln und späteren Basiliken der Grundriß. So wie in Kirchen Platz für Gegenstände ohne Kampf sein sollte, so ist auch die diesem achteckigen Raum Platz für Gegenstände, die sich einander nicht stören.
So hängen ,,Ladies feet“, ein Werk der Popart, gegenüber von Lovis Corinths ,,Florian Geyer“, einer Gestalt aus einem Hauptmann-Drama. Der Skizze von Francis Bacon ist das Rheinische Totenbrett von Felix Droese gegenübergestellt.
Früher wurden tatsächlich die Toten an ein Brett gebunden beerdigt, wenn die Familie kein Geld für den Sarg hatte.
Zum Schluß sammelten sich die Besucher noch um Robert Longs Steinkreis aus Cornwallschiefer, den ihnen Thomas Illmaier als archaisches Symbol nahelegte. Für die Teilnehmer war diese Führung sicher ein Anlaß, sich mit den Gemälden und Skulpturen nicht nur auf den ersten Blick zu beschäftigen. Denn es steckt mehr dahinter als nur ,,schön“ oder ,,das gefällt mir nicht“.
Roselies Hoffmann

Zwei Bilder: „Steinkreis“ von Robert Long; „Kreuzübermalung“ von Arnulf Rainer.

DER WEG, 40/1991, S. 14.




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