Petra GrünkeVon großer Leuchtkraft
Zum Bildzyklus ,,Genesis“ der Wuppertalerin Petra Grünke

Wuppertal. Die bildhafte Sprache der Bibel, insbesondere ihr Schöpfungsbericht, hat Künstler seit Jahrtausenden beeinflußt und inspiriert. Aus der Bildersprache der Bibel schöpft auch die Wuppertalerin Petra Grünke, die zur Genesis sieben Bilder vorlegt.
Die junge Künstlerin aus Wuppertal fand spät zur Malerei. Zunächst autodidaktisch geschult, entschloß sie sich, ihre Ausbildung durch ein Kunststudium zu vollenden. Einer ihrer Lehrer ist Michael Badura, der an der Bergischen Universität Wuppertal Malerei lehrt. Er regte das Thema ,,Schöpfung“ nach Bildern der Bibel an. Grünke widmete sich dem Thema mit einsemestriger Verspätung, doch dann mit vollem Elan. Die sieben Bilder waren nach fast einjähriger Arbeit im Herbst 1991 fertig. Das Ergebnis ist imposant, eigenständig, von großer Leuchtkraft und Tiefe.

Leichte Violett-Töne für den ersten Tag
Die Visualisierung der Schöpfung setzt bei Petra Grünke ein mit dem Urchaos, dem Tohuwabohu. Entsprechend des Verses, ,,die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe“, entsteht das Bild bei Petra Grünke. Der Geist Gottes, der auf dem Wasser schwebt, ist in leichten Violett-Tönen, die ins Urgrau münden, angedeutet. Es herrschen Gelb (Ocker) bis Braunrot in ungeordneten Wirbeln vor. Trotz allem mischt sich in diese Formverneinung ein starker energetischer Zug, Schöpfungskraft wird deutlich.

Zweiter Tag in vier Farbsphären
Der zweite Tag, die Erschaffung der Feste zwischen den Wassern, zeigt sich im Bild bei Petra Grünke als ein Tempel, der aus den Wassern hervortritt und das Bild in vier Farbsphären teilt: Blau, Violett, Gelb, Blau, horizontal übereinander geordnet, den Tempel, die Feste, in der Mitte. Diese Feste scheint unverrückbar, ein Urbild der Beständigkeit.

Wasser und Land voneinander getrennt
Der dritte Schöpfungstag setzt bei Petra Grünke mit der Trennung von Wasser und Land ein. Urtümliche Gewalten heben die Felsen aus dem Meer. Unheimlich in der Wirkung, gemildert durch das hereinbrechende Licht, das hinter den Felsen aufstrahlt.

Leuchtende Farben erzielen großen GlanzPetra Grünke
Der vierte Schöpfungstag, die Erschaffung der Gestirne, zeigt im Bild von Petra Grünke die durch eine Diagonale von links oben nach rechts unten geschiedene Sphäre von Sonne und Mond. Die leuchtenden Ölfarben, besonders Gelb, in prima aufgetragen, ergeben einen strahlenden Glanz, der anders kaum erzielt werden kann.

Die Erschaffung des Tierreiches
Die Erschaffung der Tiere, der fünfte Tag, war für Petra Grünke das größte Problem. Wie sollte sie das wimmelnde Tierreich in einem Bild unterbringen? Sie entschied sich für eine Abbreviatur. Im Bild des Elefanten, der in seiner Kraft sich aus dem graulehmigen Untergrund löst, entsteht das Tierreich, dessen Verbindung mit der göttlichen Energie, die alles Sein mit Leben begabt; durch graue ,,Antennen“ ins pulsierende Rotorange hinaufreicht.

Der Mensch am sechsten Schöpfungstag
Der Mensch, der am sechsten Schöpfungstag entsteht, erfährt bei Petra Grünke eine fast gnostisch anmutende Ausprägung. Er wird als Paar dargestellt mit Rückenansicht zum Betrachter und steht auf einer Feueraureole inmitten eines unendlich tiefen blauen Raums, Die Unendlichkeit, eine tiefe blaue Ewigkeit wird erhellt von der göttlichen Flamme, die so stark ist, daß sie das Leben der Menschen entzündet. Sie nehmen an der göttlichen Energie teil nach Maßgabe ihres eigenen Fassungsvermögens. Das göttliche Feuer brennt bis in alle Ewigkeit.

Ruhe – doch die Kraft bleibt
Der siebte Tag, Gottes Ruhetag, ist im Format fast doppelt so groß (etwa von der Größe einer Schullandkarte). Die Energie der Schöpfung fließt hier in Gott, symbolisiert durch eine fast durchsichtige Kugel, zurück, doch bleibt die Kraft virulent, als könne die Schöpfung jeden Augenblick wieder losgehen. Die prinzipielle Wirkkraft Gottes, symbolisiert in dieser Kugel, ruht auf einem violetten Untergrund, einer Art Podest, inmitten des unendlichen Raumes, der selbst undefiniert bleibt. Bedingt durch Kugel und Untergrund wird ein leicht personalisierender Anklang geschaffen, aber doch nicht so stark, daß eine anthropomorphe Vorstellung Gottes entstehen kann.

Dieses siebenteilige Werk der Künstlerin, ihre Schöpfungsbilder, wurden bisher noch nicht ausgestellt. Es bleibt zu hoffen, dass sie einmal einem größeren Publikum vorgestellt werden. In ihrem nächsten großen Werk beschäftigt sich Petra Grünke mit Leidenschaften und Fähigkeiten, wie sie Franz von Assisi besaß. Man darf auf ihre Bilderfolgen schon gespannt sein.

Thomas Illmaier

DER WEG, 33/1992, S. 14. Bilder: „Genesis, zweiter Tag“ von Petra Grünke und Foto der Künstlerin.


Seite Drucken zur Übersicht | Startseite