,,Endlos“
sind die Wege des Blutes
Henning Eichinger stellt in der Galerie Epikur aus
Grundbegriffe menschlicher Erfahrung: Arbeit, Elend und die
endlose Vernetzung des Menschen in einer digitalisierten Welt, das sind die
Themen, mit denen Henning Eichinger derzeit die Betrachter seiner Bilder konfrontiert.
Das Thema ist nicht neu. Marshall McLuhan hat in seinem Buch ,,Understanding
Media“ (deutsch: Die magischen Kanäle) sehr ausführlich dargelegt,
was das Vorbild für die weltweite Vernetzung des Menschen and seiner
Aktivitäten ist: Das Zentralnervensystem.
Der Mensch weitet
sich nach Maßgabe des Urbilds seiner eigenen Schöpfung und Evolution
in die Welt hinaus aus. Die Vernetzung, wie sie das menschliche Nervensystem
zeigt, wird in die Welt hineingetrieben und die Vernetzung universal betrieben;
Künstler wie Alex Grey haben die spirituelle Dimension – die Vernetzung
mit Gott – sichtbar gemacht. Eichinger zeigt sie in naiverer Ausgabe
und bedient sich dabei Computermodellen, wie sie aus der Computergraphik her
bekannt sind. Sein Fries ,,Endlos“ verbindet die Wege des Blutes, seiner
feinen Verzweigung bis in die letzte Hirnregion hinein, mit den Informationsträgern
der Zukunft und ihrer Symbole. Daß dieser Prozeß auch eine Schattenseite
hat, zeigen seine Bilder ,,Arbeit“ oder ,,Elend“. Denn daß
der Mensch Gott gleich werde, ist mit dem Fluch der Hybris belegt, wovor uns
schon die alten Griechen warnten, vom Gott des Alten Testamentes ganz zu schweigen.
Thomas Illmaier
Galerie Epikur: Henning Eichinger ,,Endlos — Ausschnitte“. Ausstellung bis 27. September, Friedrich-Engels-Allee 155, Di bis Fr 15 bis 18.30 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr.
DER WEG, 38/1996, S. 7. Bild: „Endlos“ (Ausschnitt).