ZUM
ERSTEN TODESTAG DER
SCHRIFTSTELLERIN RUTH DIRX
Soziales Denken ist unverzichtbar
Am 26. Dezember jährt sich zum ersten Mal der Todestag
von Ruth Dirx, der Pädagogin und passionierten Schriftstellerin aus Wuppertal.
Sie wurde 1913 in Siegen geboren. Seit 1950 widmete sie sich der Schriftstellerei,
die sie verantwortungsbewußt im Sinne christlicher Ethik wahrnahm.
Ruth Dirx leitete
lange Jahre einen Kindergarten. Die aus der Kindererziehung gewonnenen Erkenntnisse
legte sie in zwanzig Büchern dar, von denen ,,Das Elternbuch“ (1960),
,,Das Kind, das unbekannte Wesen“ (1964), „Kinder brauchen Freunde“
(1973) und ,,Kind ärgere dich nicht“ (1984) am bekanntesten wurden.
Ruth Dirx hatte unter
dem Zwang nationalsozialistischer Erziehung gelitten. Für sie war der
Kindergarten gerade kein Ort, wo das Kind selbständig lernen kann. Denn
im Kindergarten werde gruppenspezifische Anpassung dem Kinde anerzogen. Deshalb
sprach sich Ruth Dirx für den Verbleib des Kindes in der Familie, mindestens
bis zum sechsten Lebensjahr, aus. Denn nur in der Familie, so die Pädagogin,
lerne das Kind die Wirkungen seines Handelns in der individuellen Auseinandersetzung
mit Eltern und Umwelt kennen.
Auch die Schule kritisiert
Ruth Dirx, wo den Kindern Konkurrenzdenken und Ellenbogenfreiheit anerzogen
werde. Im Jagen nach besseren Noten werde das für den Westen so typische
Erfolgsstreben bereits vorgeprägt. Dem Verlierer, dem schlechten Schüler
also, bleibe nur die Alternative, ein demütiger Duckmäuser oder
zum Aggressor zu werden. Wohin deklassierte und immer wieder geduckte Menschen
ausschlagen können, habe Hitler gezeigt.
Rurh Dirx beobachtete
mit Sorge, daß mit dem Zerfall der kommunistischen Staaten auch die
positiven Errungenschaften des Sozialismus zu Grabe getragen wurden. Das auf
Solidarität gebaute soziale Denken, wie es der Sozialismus prägte,
war für Ruth Dirx jedoch unverzichtbar. Für unsere immer komplexer
werdende Gesellschaft sei Partnerschaft, nicht Konfrontation das dringende
Gebot der Stunde.
In ihren letzten Lebensjahren widmete sich Ruth Dirx verstärkt der Reisebeschreibung.
Viel beachtet ist ihr Reiseführer ,,Languedoc“, bei Graphium Press
in Wuppertal erschienen. Er beschreibt Frankreichs Süden, das Land der
Katharer, die romanischen Kirchen und Landschaften.
Ruth Dirx verstarb
am zweiten Weihnachtstag 1994. Obwohl krebsleidend, arbeitete sie noch im
hohen Alter rüstig. Ihr letztes Buch ,,Aquitanien. Das Land der Troubadoure“
ist dennoch Manuskript geblieben.
Thomas Illmaier
DER WEG, 52/1995, S. 6. Bild: Ruth Dirx (Foto).