Verspieltheit erinnert an Kinderzeichnungen
Gaston Chaissac im Von der Heydt-Museum

Gaston Chaissac (1910-1964) hat der geschäftstüchtigen Kunstwelt ferngestanden. Den erhofften Durchbruch hat er nie erlebt. Erst heute hat er den ihm gebührenden Platz in der Kunstwelt erobert.
Man hat Chaissac als den Picasso in Holzschuhen bezeichnet. Chaissac liebte die ländliche Idylle, in die er mit seiner Frau Camille 1942 zog. Die Vendée, im Westen Frankreichs, gibt ihm die Zeit ungestörten Malens. Aber die Muße wird gestört durch Anfeindungen der Nachbarn, die sein seltsames Gebaren nicht verstehen. Warum zieht der Künstler Kreidekreise um Kuhfladen und spricht in eine Gießkanne hinein? Chaissac, der ohnehin zur Einsamkeit neigte, isoliert sich noch mehr.
Trotzdem wird er bekannt. Maler wie Dubuffet interessieren sich für ihn. Doch reichen die Bilderverkäufe nicht aus, sein Leben zu finanzieren. Er liegt seiner Frau, einer Volksschullehrerin, auf der Tasche. Seine traurigen Gesichter, die aus fast allen seinen Werken herausschauen, geben diesem Malerschicksal einen beredten Ausdruck. Die Verspieltheit seiner an Kinderzeichnungen erinnernden Malereien findet jedoch stets den ernsten Ton. Viele seiner Werke sind religiösen Inhalts: ,,Vater unser“ (1949), ,,Kreuzigung“ (1947/48)... Wie tief er vermochte, in den Ernst der Dinge einzudringen, zeigt die Zeichnung ,,Paar“ (1940). Doch ist es offenbar die Frau, die hier die Zügel in den Händen hält.
Thomas Illmaier

Von der Heydt-Museum „Gaston Chaissac – Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Totems“. Ausstellung bis 24. November 1996. Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag 10 bis 21 Uhr. Info: Telefon 0202-563 6231.

DER WEG, 45/1996, S.6. Bild: „Hugue, der Riese“ (1960) von Gaston Chaissac.




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