,,Bildschriften“
über die Eindringlichkeit des Wortes
Kunstreigen zu Weihnachten in der Galerie Carmen von Eynern
Die zeitgenössische Kunst ist immer eine Betrachtung wert, weil sie herausfordert, ins eigene Spiegelbild zu sehen. Gegenwart, mit einem Hauch von Zukunft – Romantiker nennen es vielleicht Ahnung – zeichnet die Spiegelbilder unserer Zeit aus; in ihnen schlummert prophetische Kraft, wie es Kandinski nannte, wenn es sich denn um große Kunst handeln soll. In manchen anderen Werken wirkt Zeitloses, Ewiges vielleicht, betrachtet man die ausgestellten Arbeiten in der Galerie von Eynern in der Spitzwegstraße einmal in der Runde. Vohwinkel, wo die Galerie in Wuppertal zu Hause ist, liegt nicht weit.
Zur diesjährigen Weihnachtsausstellung in der Galerie
Carmen von Eynern präsentieren G. J. Bahr mit ,,Bäume I und II“,
Carl Bruno Bloemerz mit exotischen Themen aus der Welt der Mythen und zum
Teil stacheliger Träume – immer von großen Ideen bewegt –
die sich mitunter auch am Götterhimmel wiederfinden, Gottfried Helnwein
mit seinem ,,Mann aus der Menge“ und Panja Jürgens mit einem Werk
eindringlich fotorealistischer Güte ,,Kinderträume“, gefolgt
von Annemarie Krings und ihrem ,,Totem“ nebst mehreren Themen ,,Bildschriften“,
schließlich Heinz Mack –,,Ohne Titel“ und Lu Possehl mit
plastisch körperlichen Gestalten, die nicht ohne Humor still im Raume
die Balance halten. Klaus Riedes ,,Regen“ und Gert Schieffers, der nicht
gerne über sein Geheimnis spricht, wie denn seine Glas-Bruch-Stücke
(und das Coca Cola Blut) eigentlich zustandekommen, schließen den Reigen
dieser Weihnachtsausstellung ab.
Unter den großformatigen
Bildern stechen die Werke von Annemarie Krings zweifellos hervor. Die Erkrather
Künstlerin präsentiert in ihren „Bildschriften“ die
Eindringlichkeit des Wortes, wie es nicht geschrieben, sondern gemalt, allenfalls
gehört werden kann; wie denn das Wort z. B. beim Lesen Fleisch im Geiste
des Betrachters werden kann – also die geistige Landschaft des ,,Lesenden“
wird hier gemalt –Visualisierung und Transparenz dieser Landschaft,
die in schneidend schönen Farben lebendig wird. Die Weihnachtsausstellung
ist noch bis 29. Dezember zu sehen.
Thomas Illmaier
Bild: Carl Bruno Bloemertz im Kreise seiner Künstler-Kolleginnen.
Westdeutsche Zeitung/Generalanzeiger, 27.11.1991, S. 14.