Der hebräische Rembrandt
Von der Heydt-Museum erwarb ein Selbstbildnis von Jankel Adler
Wuppertal. Seit kurzem besitzt das Von der
Heydt-Museum ein Selbstbildnis des jüdischen Künstlers Jankel Adler.
Es ist in seiner typischen Manier gemalt, gezeichnet und „collagiert“,
indem er gewisse Bildpartien mit einer Farb-Sand-Mischung bestreicht. Die
Bildraumaufteilung ist rechtwinklig und flächenhaft. Verschieden getönte
Rechtecke durchziehen den ganzen Raum, stützen oder schwächen gewisse
figürliche Partien des Antlitzes, deuten Körperformen an. Die rechte
Gesichtshälfte ist nur gezeichnet im Gegensatz zur linken. was dem Antlitz
des Künstlers einen dämonisch scharfen Ausdruck verleiht. Die hebräischen
Schriftzeichen am rechten oberen Bildrand geben seinen Namen wieder.
Dieses Selbstbildnis
ist das dritte größere Gemälde Jankel Adlers, das zum Bestand
des Von der Heydt-Museums gehört. Gezeigt werden außerdem ,,Else
Lasker-Schüler“ und ,,Angelika“. Gemeint ist die Malerin
Angelika Hoerle. die 1923 an TBC starb. Jankel Adler malte sie in ihrem Todesjahr.
Dazu stellt er die Figur der vom Tode gezeichneten Frau in die Ruhe des jüdischen
Sabbatfestes. Die Schriftzeichen in der Mitte am oberen Bildrand bedeuten
Sabbat. Dieses Bild ist von tragischer und doch geheimnisvoll erlösender
Natur.
Die Figur der todkranken Frau steht auf wenigen unebenen Treppenstufen, darunter
der schwarze Abgrund gähnt. Ihr zur Seite zwei Katzen, von denen die
eine aus dem magischen Spiegel springt. Dadurch gewinnt das Bild, das an sich
von der Erbärmlichkeit des Todes gezeichnet ist, einen geheimnisvollen,
um eine Tiefendimension bereicherten Charakter. Lautlos gibt sich das Geheimnis,
das wir doch nicht verstehen, preis.
Else Lasker-Schüler
nannte Jankel Adler, der sie portraitierte, den hebräischen Rembrandt.
Die Dichterin und der Maler waren viele Jahre freundschaftlich verbunden.
Sie trafen sich in Wuppertal. Beide waren sie religiöse Menschen. Von
der Dichterin wissen wir das meiste, von Jankel Adler aber wenig. Erhalten
ist ein Psalm des Künstlers, worin er die Schöpferkraft Gottes besingt.
dessen Gnade sein Künstlertum begründet. ,,Laß mich blaue
Psalmen für Dich singen vom zartesten Kobald bis zum tiefsten Ultramarin!“
heißt es an einer Stelle des auf Jiddisch verfaßten Psalmes.
Thomas Illmaier
Jankel Adler: Selbstbildnis um 1926. Mischtechnik auf Leinwand.
DER WEG, 31/1992, S. 11.